- engl. Schriftstellerin -
geb. 25. Jan. 1882 in London - gest. 28. März 1941 im Ouse bei Lewes (Sussex) (Selbstmord)
Jüngste Tochter des Biographen und Philosophen Sir Leslie Stephen. Um 1905, nach dem Tod ihres Vaters, begründete sie mit ihrer Schwester Vanessa " einer Künstlerin, die später den Kritiker Clive Bell heiratete " und ihren beiden Brüdern einen Hausstand im Bezirk Bloomsbury in London, der zu einem Zentrum des zeitgenössischen literarischen und künstlerischen Lebens wurde.
Sie war gesellschaftlicher Mittelpunkt und zeitweilig führende Vertreterin dieses als Bloomsbury Group bekannten Kreises. Dieser Gruppe gehörte außer Bell und anderen Mitgliedern der Londoner Intelligenz auch der Schriftsteller Leonard Woolf an, den Virginia 1912 heiratete.. Gemeinsam mit ihrem Ehemann gründete sie 1917 den Verlag Hogarth Press.Woolf versuchte, in ihren Romanen die Komplexität und den steten Fluß des Lebens und der Zeit darzustellen. Ihre Ausprägung der Technik des Stream of consciousness und ihr poetischer Stil wurden richtungweisend für die Entwicklung des modernen Romans.
Virginia Woolfs frühe Romane " "Die Fahrt hinaus" (1915), "Nacht und Tag" (1919) und "Jakobs Raum" (1922) " zeugen bereits von ihrer Absicht, sich aus dem traditionellen Rahmen des realistischen Romans, wie er damals durch Galsworthy, Arnold Bennett und H.G. Wells vertreten wurde, zu lösen. In der Folge tritt die äußere Handlung gegenüber einer Fülle von Sinneseindrücken zunehmend in den Hintergrund.
Ausgehend von Marcel Proust und bes. von James Joyce, verwandte sie zur Darstellung von Bewußtseins- und Erinnerungsströmen die Technik des inneren Monologs und verzichtete, im Gegensatz zur Tradition des realistischen Romans, weitgehend auf eine in sich vollendete Charakteranalyse und eine Handlung im herkömmlichen Sinn; Wirklichkeit spiegelt sich nur im Bewußtsein der Romanfiguren; eines der Hauptziele ihrer Poetik war die Darstellung des Gleichzeitigen, des in der Erinnerung oder im Traum als Einheit erlebten vielfältigen Geschehens, wobei sie existentielle, oft künstlerischer Probleme behandelte, v. a. die Frage nach dem Zwiespalt zwischen realer und erlebter Zeit; zu ihren bedeutendsten Werken gehören die Romane "Die Fahrt zum Leuchtturm" (1927,dt. 1931) und "Orlando" (dt. 1929).
Woolf war außerdem eine sehr einflußreiche Kritikerin und lieferte u.a. lange Beiträge für das Times Literary Supplement. Ihre Essays erschienen gesammelt in Der gewöhnliche Leser (1925,) und Der gewöhnliche Leser, Second Series (1932). Außerdem schrieb sie Biographien und trat als frühe Parteigängerin des Feminismus in Ein Zimmer für sich allein (1929,) hervor. Sie führte eine ausgedehnte Korrespondenz mit führenden Persönlichkeiten des zeitgenössischen Kulturlebens und erwies sich auch dort als eigenwillige, scharfsichtige wie scharfzüngige Dichterpersönlichkeit. Ihre Tagebücher und Briefe sind aufschlußreiche Zeugnisse ihres Lebens und Wirkens. Woolf litt, nicht zuletzt aufgrund traumatischer Jugenderlebnisse, unter einer labilen psychischen Disposition. Während der Arbeit an ihrem letzten Roman, Zwischen den Akten (1941,), nahm sich die Autorin am 28. März 1941 das Leben.
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